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2.1 Geometrie-Elemente

Um den Verlauf einer Straße oder eines Gleises zu beschreiben verwendet man Geometrie-Elemente. Die Trassierung einer Strecke erfolgt dabei durch eine Kette verschiedener Geometrie-Elemente. Im Laufe der Zeit haben sich die Geometrie-Elemente Gerade, Kreis und Klotoide als Standard bei der Trassierung etabliert.

2.1.1 Gerade

Die Gerade ist das einfachste Geometrie-Element. Streng genommen handelt es sich bei diesem Element nicht um eine Gerade, sondern um eine Strecke. Zur eindeutigen Beschreibung einer Strecke in der x- y-Ebene benötigt man vier Parameter. Man kann zum Beispiel die x- und y-Koordinaten des Start- und Endpunktes verwenden. Statt sich die Koordinaten des Endpunktes zu merken, bietet es sich an, die Richtung und die Länge der Strecke zu speichern. Verwendet man nun für die x- y-Koordinaten und Richtung jeweils die Endwerte des vorhergehenden Geometrie-Elements, so reicht es, sich bei einer Strecke dessen Länge l zu speichern.
 
 

Beschreibende Parameter:

2.1.2 Kreis

Zur Modellierung von Kurven wird das Trassierungselement Kreis verwendet, analog zur Gerade handelt es sich dabei nicht um einen Vollkreis, sondern nur um einen Ausschnitt. Zur eindeutigen Darstellung des Elementes Kreis in der x- y-Ebene benötigt man fünf Werte. Man verwendet dazu: x- und y-Koordinaten des Startpunktes, den Richtungswinkel, die Krümmung und die Länge des Kreissegmentes. Anhand des Vorzeichens der Krümmung wird unterschieden, ob man den Kreis im Uhrzeigersinn (negatives Vorzeichen) oder dagegen durchläuft (positives Vorzeichen). So gesehen wäre eine Gerade ein Sonderfall des Kreises, bei dem die Krümmung null ist. Der Radius des Kreises ergibt sich aus dem Kehrwert der Krümmung. Er kann damit auch negative Werte annehmen. Nimmt man nun für die x- und y-Koordinaten sowie die Richtung die Endwerte des vorhergehenden Geometrie-Elementes, so müssen nur noch die Länge und der Radius des Kreises verwaltet werden. Auf letzteren könnte man streng genommen auch verzichten, wenn man dafür den Radius am Ende des letzten Geometrie-Elementes verwendet.

Beschreibende Parameter:

2.1.3 Klotoide

2.1.3.1 Definition

Verwendet man zur Beschreibung einer Trasse nur die Geometrie-Elemente Kreis und Gerade so kommt es an den Übergangspunkten zu einer sprunghaften Änderung der Krümmung. Nach dem zweiten Newtonschen Gesetz gilt die Formel F = a * m bzw. F = (m * v2 ) / r. Der Radius r ist der Kehrwert der Krümmung. Überfährt man nun mit einem Schienenfahrzeug die Stelle, an der der Krümmungssprung auftritt, so führt dies zu einer ruckartig ansteigenden Beschleunigung. Auch im Straßenverkehr sollten solche Krümmungssprünge vermieden werden. Da das Fahrzeug nicht geführt wird, tritt hier zwar keine ruckartige Beschleunigung auf, jedoch wird der Fahrer intuitiv dazu gezwungen, langsamer zu fahren oder die Gegenfahrbahn zu schneiden. Er ist nämlich nicht in der Lage, den Einschlag des Lenkrades in einem unendlich kurzen Zeitraum von einer Lage in eine andere zu ändern, was notwendig wäre, um den Krümmungssprung nachvollziehen zu können.
Als erste Lösung bietet es sich an, zwischen Gerade und Endradius einen zweiten Kreisbogen mit größerem Radius zu schalten. Dadurch kompensiert man den großen Krümmungssprung, der bei direktem Übergang in den Endradius auftreten würde, durch zwei Krümmungssprünge, die nur halb so groß sind. Dies schafft für den Anfang Abhilfe. Diese Methode eignet sich jedoch nur bedingt, um die fahrpsychologischen Ansprüche zu erfüllen. In den meisten Fällen wird nach wie vor eine ruckartige Beschleunigung spürbar sein, bzw. das Durchfahren der Kurve wird als unbehaglich empfunden werden.
Im nächsten Schritt könnte man dazu übergehen, die zwei Krümmungssprünge wieder zu halbieren, in dem man weitere Zwischenradien einführt. Setzt man diese Methode fort, so erhält man als Krümmungsbild eine Art Treppe, die mit jedem Iterationsschritt immer kleinere Stufen und damit Krümmungssprünge aufweist. Man könnte jetzt so oft iterieren, bis die Krümmungssprünge so klein werden, daß diese beim Durchfahren der Trasse nicht mehr wahrgenommen werden. Dies ist bei Radiussprüngen < 10 % der Fall §2. Man kann aber auch unendlich oft iterieren, was dazu führt, dass jedem Punkt der Strecke ein anderer Radius zugeordnet wird. Es tritt kein Krümmungssprung mehr auf da sich die Krümmung nun linear ändert. Die Krümmung ist bei der Klotoide proportional zur Länge vom Startpunkt.
Dieses Verfahren führt auf die charakteristische Gleichung der Klotoide. Sie lautet:
 
L * R = A2

Hierbei ist:

L die Länge der Klotoide vom Ursprung,
R der Radius an der dazugehörigen Stelle.
A bezeichnet man als Parameter oder charakteristische Größe der Klotoide.
Für die Einheitsklotoide verwendet man Kleinbuchstaben.
Überträgt man die Werte in ein Koordinatensystem, so erhält man eine Spirale, die durch den Ursprung O verläuft und sich asymptotisch um die Punkte  und wickelt. Im Ursprung hat die Klotoide die Krümmung 0, sie ist dort gerade und verläuft entlang der x-Achse.
Für A = 1 ergibt sich die sogenannte Einheitsklotoide:
Mit zunehmender Länge reduziert sich dabei der Radius bzw. wächst die Krümmung.
Obiges Schaubild zeigt die Einheitsklotoide von der Länge 0.0 bis 2.0 mit abgetragenen Radien bei den Längen 0.5, 1.0, 1.5, 2.0

Das Geometrie-Element Klotoide:
Zur Trassierung verwendet man nur Teilstücke von Klotoiden. Man benötigt zur eindeutigen Bestimmung des Geometrie-Elementes folgende Werte:

Beschreibende Parameter des Geometrie-Elementes Klotoide: Alle Klotoiden sind einander ähnlich§3. Diese Tatsache machte man sich früher zunutze, indem man die Einheitsklotoide tabellierte und dann die benötigten Werte nur noch geeignet skalierte. Es genügte also den Parameter A zu bestimmen und dann sämtliche Maßzahlen damit zu multiplizieren. Die Winkel bleiben bei der Skalierung erhalten. Heute ist diese Vorgehensweise nicht mehr nötig, da mit Hilfe von Programmen die Werte für beliebige Klotoiden direkt genähert werden können.
Bei der Berechnung von Trassen sind folgende Klotoidenwerte markant und werden als gegeben vorausgesetzt oder sind zu berechnen:
 
s Sekantenwinkel
t Tangentenwinkel
L Länge der Klotoide von O nach P
P Ein Punkt auf der Klotoide
R Radius der Klotoide am Punkt P
S Länge der Klotoidensehne = Länge der Strecke OP
tl Länge der langen Tangente
ts Länge der kurzen Tangente
DR Tangentenabrückung

Unter der Tangentenabrückung im Punkt P versteht man den Abstand des Kreises mit dem Radius R von der x-Achse. R ist dabei der Radius den die Klotoide im Punkt P besitzt.

2.1.3.2 Wichtige Formeln

Es gilt:§4
dL = R * dt
Stellt man nun L * R = A2 nach R um und setzt diese Formel in obige ein, so erhält man:
dL = (A2/L) * dt bzw.
L * dL = A2 * dt
Integriert man nun diese Gleichung von L = 0 bis L = L erhält man die Formel
L2 = 2A2t

Verknüpft man diese Formel mit der Klotoidengleichung, lassen sich folgende Zusammenhänge herleiten:
 

A2 = L * R = L2 / (2t) = 2R2t  t = L / (2R) = L2 / (2 A2) = A2 / (2R2)
R = A2 / L = L / (2t) = A /  L = A2 / R = 2Rt = A * 

2.1.3.3 Berechnung einer Klotoide

Die x- und y-Werte eines Klotoidenpunktes ergeben sich folgendermaßen:
Aus obiger Zeichnung ist ersichtlich:
dx = dL * cost ,  dy = dL * sint
mit t = L2/(2A2) erhält man folgende Gleichungen:
dx = cos(L2/(2A2)) * dL,  dy = sin(L2/(2A2)) * dL
Integriert man nun von 0 bis L, so ergeben sich die Formeln

Es handelt sich hierbei um sogenannte FRESNELsche Integrale. Diese sind nicht geschlossen lösbar. Eine Lösung kann über eine Reihenentwicklung der Sinus und Cosinusfunktion vorgenommen werden. Die Summanden sind dann zu integrieren.
Eine genaue Herleitung der Summe sowie eine Fehlerabschätzung findet man in "Die Klotoide Formeln Tafeln und Beispiele" ab Formel 9. Somit ist es möglich die kartesischen Koordinaten eines Punktes zu einer bestimmten Länge der Klotoide zu berechnen.

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